Protokoll zur Sitzung vom 30.1.2017: Philippa Foots „Natur des Guten

Zunächst ist es hilfreich sich den Unterschied zwischen Ethik und Metaethik klarzumachen.

Welche Normen und Weltordnungen gelten sollen, ist ein typisches Problem der Ethik. Die Frage in der Ethik lautet: „Was soll ich tun?“. Metaethik dagegen ist nur schwach normativ, da sie nicht nach dem guten Handeln fragt, sondern nach der sprachlichen und logischen Verfasstheit von normativen Aussagen. Der Metaethik ist Moore zuzuordnen, der nur über das Gute spricht und wie man den Begriff des Guten verwenden kann.

Es gibt verschiedene metaethische Positionen.

1. den Expressivismus/Emotivismus vertreten durch A.J Ayer.

Er beudeutet, dass Werturteile keinen Wahrheitsgehalt besitzen, sondern nur Emotionen zum Ausdruck bringen. Dies ist eine schwierige These, denn ein Satz, der nur Emotionen ausdrückt, kann nicht wahr oder falsch sein. Eine Emotion ist nicht wahrheitsfähig und steht in keinem Abbildungsverhältnis zur Welt. Ein Satz kann falsch sein, wenn er sich auf eine Tatsche bezieht. Dies ist jedoch nicht die Eigenschaft von Emotionen. Das Gefühl Missempfinden ist beispielsweise ein Zustand einer Person und muss nicht mit der objektiven Welt zu tun haben. Emotionen sind sehr verschieden und Gefühle sind nicht objektiv. Ein Gefühl ist kein Satz und trifft keine Aussage, drückt keinen Sachverhalt aus. Gefühle eignen sich nicht für die Begründung von Moral. Das Verantwortungsgefühl, auf welches Hans Jonas rekurriert, hat aber nicht nur Gefühlscharakter sondern auch eine objektive Struktur. Es gibt einen objektiven Wert, dem man adäquat werden muss. Gegen die Position des Emotivismus grenzt sich Foot ab.

2. Präskriptivismus

Eine weitere gegensätzliche Position ist der Präskriptivismus vertreten durch R.M. Hare. Dieser ist der Auffassung, dass Werturteile keine Emotionen ausdrücken, sondern Empfehlungen und Verpflichtungen. Diese treffen jedoch ebenfalls keine Aussage über die Welt. Auch vom Präskriptivismus nimmt Foot Abstand.

Leitfragen/Überbegriffe

1. Wie grenzt sich Foot von Moore ab?

Vom Naturalistischen Fehlschluss Moores muss sich Foot abgrenzen und dagegen argumentieren, da sie sonst nicht von „Natural Goodness“ sprechen dürfte. Der naturalistischer Fehlschluss gehört zum metaethischen Naturalismus. Foot aber will das Gute aus der Natur ableiten und bedient sich so eher dem ethischen Naturalismus. Für Foot ist das Gute nur mit Blick auf das Leben verständlich. Es ist eine Lebensform des menschlichen Lebens, da die Moral an die Vernunft gekoppelt ist. Foot möchte die Form des Lebens betrachten, aus der das Gute hervor geht. Es geht ihr nicht um Dinge, sondern um praktische Vollzüge. Dieser Formcharakter lehnt sich an Kant an. Indem Foot das Gute nicht auf natürliche Gehalte wie etwa Lust, sondern auf praktische Vollzüge und Formen zurückführen möchte, versucht sie, Moores Kritik zu entgehen.

2. Wie verhalten sich menschliches und tierisches Gut zueinander?

Um zu erklären was gut ist muss man das Gute im Bezug auf Lebewesen betrachten.

So besitzt ein Stift ein spezifische Gut-sein zum schreiben, ein Pferd das zum reiten und der Menschen die Tugend. Es handelt sich hierbei um Wesensbestimmungen, die Foot „Aristotelische Notwendigkeit“ nennt. Von gut oder schlecht spricht Foot nur im Zusammenhang mit Lebewesen. Das moralisch Gute ist der Maßstab, an dem das Leben des Menschen gemessen wird. Daran können Abweichungen bewertet werden. Man widerspricht deswegen nach Foot der Bestimmung des Menschen, wenn man böse handelt. Doch ohne den Lebensbegriff machen diese normative Aussagen keine Sinn. Daran knüpft Foot an.

Ich denke, daß Zuschreibungen von »gut« ausnahmslos auf die Welt / der Lebewesen, also auf Pflanzen, Tiere und Menschen, bezogen sind und daß die Vorstellung von gut und schlecht ohne den Begriff des Lebens inhaltsleer wäre. In einem Universum, in dem es keine Lebensformen gäbe, wäre nichts entweder gut oder schlecht, und man kann nur annehmen, etwas in diesem unfruchtbaren Universum sei gut (oder auf irgendeine Weise wertvoll), wenn man sich stillschweigend auf etwas bezieht, das es in unserem Universum gibt bzw. geben könnte.“ (12f.).

3. Inwiefern ist das Böse ein Defekt der menschlichen Natur?

Exkurs der ersten und zweiten Natur:

Erste Natur → bedeutet die natürliche Welt, wie sie von der Biologie beschrieben werden kann.

Zweite Natur → ist analogisch als Natur zu verstehen und ist eine Lebenswelt die kulturell ist. Die zweite Natur kann als eine verfeinerte, weiterentwickelte erste Natur betrachtet werden. Oder aber man kann die zweite Natur der ersten dualistisch entgegensetzen.

Foot unterscheidet jedoch nicht in erste und zweite Natur.

Betrachtet man die Analogie der ersten und zweiten Natur mit Blick auf einen Defekt, funktioniert diese nicht mehr. Denn wenn beispielsweise einem Wolf die Zähne fehlen, dann ist das Wesen des Wolfes als Raubtier nicht mehr erfüllt. Daraus entsteht die Frage, ob das Wesen des Menschen in einer defizitären Weise betroffen ist, wenn er böse handelt? Das Wesen des Menschen ist laut Kant aber nicht seine Bestimmung zum Guten, sondern seine Bestimmung zur Freiheit. Gut und Böse sind beide gleichermaßen Formen der Freiheit. So würde auch im Vollzug des Bösen das Wesen des Menschen bestätigt werden. Das Gute ist aber dem Bösen normativ überlegen und man soll das Gute tun und das Böse lassen. Dennoch gehört das Böse zum Leben. A priori werden das Gute und das Böse vom Wesen den Menschen gleichermaßen vollzogen. Die Menschen bestrafen die, die böse handeln und loben die, die Gutes tun nach ihrer Intuition. Das Böse ist laut Kant kein Defekt des Menschen, er spricht von einem Hang zum Bösen, der zur menschlichen Natur gehört.

4. Inwiefern kann Normativität natürlich sein?

Es erweist sich als schwierig aus dem Naturbegriff Normativität abzuleiten.

Die Wahrheit zu sagen, Versprechen zu halten und dem Nachbarn zu helfen, all das ist in demselben Sinne eine Komponente oder ein Aspekt praktischer Rationalität wie selbsterhaltendes Handeln und die umsichtige Verfolgung anderer unschuldiger Ziele. Die verschiedenen Komponenten stehen auf einer Ebene: Ein Urteil darüber, was praktische Rationalität erfordert, muß die Gesichtspunkte, die wir nicht-moralisch nennen, in ein Verhältnis zu den Gesichtspunkten setzen, die wir moralisch nennen, und umgekehrt. Denn nicht immer ist es vernünftig, Hilfe zu leisten, wo sie benötigt wird, oder ein Versprechen zu halten; und ich bin überzeugt, daß es noch nicht einmal vernünftig ist, immer die Wahrheit zu sagen. Will man sagen, daß »moralische Erfordernisse« immer »Vorrang haben«, dann können nicht diese speziellen Erfordernisse gemeint sein. Statt dessen muß das umfassende Urteil gemeint sein, was man unter Be / rücksichtigung aller Umstände tun sollte. Ich denke, einen klaren Kopf bewahrt man, indem man klärt, daß diese besonderen Urteile Vorrang haben, und sich daran erinnert, daß manche Ausdrücke umfassende Urteile einschließen, andere jedoch nicht: Unklugheit zum Beispiel ist per definitionem widervernünftig, Selbstaufopferung dagegen nicht. Wenn wir diese Komplikation beiseite lassen, können wir die verschiedenen Anforderungen der Rationalität beim Handeln als einander gleichgestellt betrachten.“ (26 f.)

Praktische Rationalität kann als eine Form des menschlichen Lebens betrachtet werden und beinhaltet, dass man moralisch handelt. Diese Lebensform ist eine Form der praktischen Vernunft. Kants reine praktische Vernunft, die unabhängig von Neigungen ist, stellt Foot in Frage. Foot ist der Ansicht, dass sich Rationalität (also Vernunft) sowohl auf natürliche, als auch auf moralische Ziele erstreckt. Reine praktische Vernunft und empirische Vernunft dürfen nach Foot also nicht so sehr voneinander getrennt werden. Die Natur als Lebensform ist wichtig. Sie lässt einem also die Freiheit frei zu handeln, sagt aber, wenn menschliche Wesen böse handeln, sind sie in ihrem Lebensvollzug defizitär und schaden sich selbst. Schließlich wissen sie was gut ist, wenn es ihnen zuträglich ist.

Foot stimmt Kant zu, das moralisch Gute sei allein der gute Wille.

Kant hatte vollkommen recht, als er sagte, daß moralisch gut allein der gute Wille sei; die Idee der praktischen Rationalität betrifft tatsächlich den Willen. Indessen hat sich Kant anscheinend geirrt, als er dachte, daß eine abstrakte, auf vernünftige Wesen als solche anwendbare Vorstellung der praktischen Vernunft so etwas wie einen Moralkodex für Menschen begründen könnte. Die Bewertung menschlichen Handelns hängt nämlich auch von wesentlichen Zügen spezifisch menschlichen Lebens ab.“ (30 f.).

Aus der Vernunft selbst kann also keine Moral begründet werden. Kant aber ist der Ansicht, dass die reine praktische Vernunft auf nur vernünftige Wesen zutrifft, aber nicht auf Menschen, als natürlich-vernünftige Lebewesen. Das Leben ist in Kants Darstellung kein integrativer Bestandteil seiner Moralphilosophie. Foot möchte das Leben dagegen mehr objektiv verstehen.

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