Aufnahme der Sitzung vom 9.1.2017 online
Die Sitzung vom 9.1.2017 zu Hans Jonas‘ Theorie des ontologisch Guten kann im Bereich „Aufzeichnungen“ nachgehört werden.
Die Sitzung vom 9.1.2017 zu Hans Jonas‘ Theorie des ontologisch Guten kann im Bereich „Aufzeichnungen“ nachgehört werden.
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Inwiefern überbrückt Hans Jonas die Kluft zwischen Sein und Sollen?
Worin verortet Jonas das Sollen bzw. den Wert einer Sache?
Inwiefern begeht Jonas nach Moore einen „naturalistischen Fehlschluss“?
Inwiefern ist Jonas‘ Ansatz systematisch überzeugend?
Abweichend von den oben angebotenen Reflexions-fragen, möchte ich, Hans Jonas, lieber dialektisch kritisieren (was ist gut – was ist schlecht).
Ich beginne mit der Kritik.
1. „Das Gute oder den Wert im Sein gründen heißt die angebliche Kluft von Sein und Sollen überbrücken (Kap. I, S. 153).“
1.1. Das Gute hat keinen Wert im sein, da das Sein selbst, keine intentionale Wertzuschreibung vornimmt, sondern, die Begründung des Guten, und dessen Sollen beruhen allein auf Kommunikation. (richtig von ihm erkannt wurde, dass das Sein (allein), die Kluft zwischen Sein und Sollen nicht überbrücken kann)
2. „Indem die Natur Zwecke unterhält, oder Ziele hat, wie wir jetzt annehmen wollen, setzt sie auch Werte; (Kap. I.1, S. 153)“
2.1. Die Natur unterhält keine Zwecke und Ziele, denn sie handelt selbst nicht intentional, sondern allein nur die Menschen schreiben, der Natur einen besonderen Wert zu und dieser, besondere Wert, muss zuerst intersubjektiv vereinbart werden (z.B. für Naturschutzgebiete, Abgasvorschriften, und Mülltrennung).
3. „Überlegenheit von Zweck an sich über Zwecklosigkeit (I.2, S. 155).“
3.1. Die Zwecke werden durch den Menschen zugeschrieben und somit, ist die Hierarchie von Werten und Normen, zueinander, von der intersubjektiven Kommunikation abhängig. (Überlegenheit ist also subjektiv, oder intersubjektiv)
4. „Der Modus seines Seins ist Erhaltung durch tun (I.4, S. 157).“
4.1. Wenn der Modus des Seins, in jedem Fall, bereits die Erhaltung durch tun bedeuten würde, dann gäbe es keine Selbstmorde.
5. „Wieso wird zur Pflicht, was vom Sein seit je schon fürs Ganze betreut wird durch alles Einzel-wollen hindurch (Kap. I.5, S. 158)?“
5.1. Die Pflicht erwächst nicht aus dem Sein, sie ist selbst eine Bedeutungszuschreibung, und daher muss das Sollen begründet, und gerechtfertigt werden. (richtig erkannt wurde die Bedeutung des Einzelwollens)
6. „Man mag mit gutem Recht das Malen der Sixtinischen Decke einen höheren Zweck nennen als die Stillung nagenden Hungers, (Kap. I.6, S. 159)“
6.1. Nein, diese Bewertung kann nicht mit gutem Recht erfolgen, denn es handelt sich nicht um hierarchiegleiche Werte. (wer daran Zweifel hat, der sollte mal eine stillende Mutter dazu befragen, was ihr persönlich, die Sixtinische Decke bedeuten würde, wenn der eigene Nachwuchs bereits vor Hunger schreit)
7. „Wir müssen den Sinn von Wert und von Gut noch einmal befragen (Kap. I.6, S. 160).“
7.1. Ja, das tut dringend not! => Und erfolgt im nächsten Beitrag.
Gut an Hans Jonas finde ich.
1. „Wir können dann nur sagen, dass es in ihrem Banne ein besser und schlechter gibt, nicht aber, dass hierin ein Gutes an sich unsere Zustimmung verlangt (Kap. I.1, S. 154)“
1.1. Stimmt, die Werte und Normen können nicht absolut, sondern nur proportional zueinander bestimmt werden: besser-schlechter, schöner-hässlicher, nützlicher-unnützer, mitfühlender-kaltherziger. (sonst wären die Zielkonflikte zwischen den aller höchsten Werten, z.B. zwischen Wahrheit, und Menschlichkeit, gar nicht zu entscheiden)
2. „Aber gilt, was für den bestimmten Zweck gilt (…) auch für Zweckhaftigkeit selber als ontologischen Charakter eines Seins (Kap. I.2, S. 154)?“
2.1. Stimmt, der Charakter des Seins muss nicht ontologisch begründet, oder gerechtfertigt werden, sondern nur der Charakter des Sollens.
3. „(…) in denen der Naturzweck zunehmend subjektiv, das heißt dem jeweiligen Vollzieher als der seine zu eigen wird (Kap.I.4, S. 157)“
3.1. Stimmt, der Naturzweck ist originär subjektiv, er kann aber, für die Ziele und Zwecke des Gemeinwohls intersubjektiv abgestimmt, und miteinander vereinbart werden, entweder durch einen Konsens oder, durch einen Mehrheitsentscheid bei sichergestelltem Minderheitenschutz.
4. „(…)nicht das Sittengesetz motiviert das sittliche Handeln (Kap. I.8, S. 162).“
4.1. Stimmt, die Motivation zum sittlichen Handeln ist selbst ein Antrieb, und folgt, daher dem sittlichen Gefühl leichter, als der sittlichen Vernunft. Abgesehen davon, kann die Motivation ohnehin, nur metakognitiv betrachtet werden durch das Ich-Bewusstsein (das selbst-reflexive Ich).
5. „Es macht mir zur Pflicht, was die Einsicht als von sich her seins-würdig und meiner Leistung bedürftig aufweist (Kap. I.8, S. 163)“
5.1. Stimmt, die Vernunft erfordert Einsicht, wenn sie das Gute zu schätzen wissen soll, das Mitfühlen hingegen, legt sich intuitiv fest (spontan und affektiv) was wirklich Gut ist (was wichtig ist) und führt, das operationale Wollen (den Antrieb) zum Handeln gleich mit sich, als „Billigung“, oder als „Missbilligung.“
6. „Unsere emotionale Seite muss ins Spiel kommen. (…) Es ist das Gefühl der Verantwortlichkeit (Kap. I.8, S. 163).“
6.1. Stimmt, ohne die Vernunft begleitenden Emotionen gäbe es keine Sittlichkeit, denn der Begriff „das Gefühl der Verantwortlichkeit“ spricht schon für sich, sonst hieße, dieser Begriff „die Kognitionen der Verantwortlichkeit.“
7. „Aber die beiden Seiten sind unter sich komplementär und beide sind integrierende Bestandteile der Ethik überhaupt (Kap. I.8, S. 163)“
7.1. Stimmt, beide Seiten (Vernunft und Gefühl) sind aufeinander angewiesen, und stellen daher, integrative und fundamental wichtige Bestandteile der Ethik dar. – „Tugend (den bloße Gutmütigkeit ist närrisch) ist Verstand (`moral-reasoning´) und Geist (`inference of the mind´) vereint mit Menschlichkeit (`sentiments´).“
– David Hume, 1751, EPM (E-II.) S. 158, Anhang 4. Verlag: Felix Meiner, Hamburg. –
Resümee, und Gesamtfazit.
„Dass das Gefühl zur Vernunft hinzukommen muss, damit das objektiv (intersubjektiv) Gute eine Gewalt über unseren Willen gewinne – dass also die Moral, die den Affekten gebieten soll, selber eines Affektes bedarf – war den Moralphilosophen seit jeher bewusst; und unter den Großen war Kant wohl der einzige, der sich dieses Zugeständnis an unsere sinnliche Natur abringen musste, anstatt es als integrierende Komponente des Ethischen an sich anzusehen (Kap. I.9, S. 165).“
=> Ich stimme, Hans Jonas, bei dem Zitat obendrüber vollumfänglich zu und möchte, nichts weiteres dazu fügen, oder wegstreichen.