Leitfragen zur Sitzung vom 21.1.2016 – Immanuel Kants „Faktum der Vernunft“

  • Wie unterscheidet Kant in seiner Kritik der reinen Vernunft (KrV) die Vernunft von der Natur bezüglich des Verhältnisses von Sein und Sollen?
  • Was vermag die praktische Vernunft nach Kants Kritik der praktischen Vernunft (KpV)?
  • Wie verhält sich Kants Moralphilosophie zu derjenigen Humes? Würde sie nach Hume auch einen Sein-Sollens-Fehlschluss begehen?

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  • 1. Seine Kernaussage in der Kritik der reinen Vernunft ist, er vertritt die These dass das Sollen in der Natur nicht vorkommt, und er argumentiert dafür zweiseitig, a) dabei erläutert er zum einen (B575, KrV) die Verbindung von Vernunft, Kausalität, und Imperativen: „(…) welche wir in allem Praktischen den ausübenden Kräften als Regeln aufgeben.“; und sagt: „Das Sollen drückt eine Art von Notwendigkeit und Verknüpfung mit Gründen, die in der ganzen Natur sonst nicht vorkommen.“ => Das Sollen ist also metaphysisch.
    1.b) Zum anderen argumentiert er gegen den Empirismus (B576, KrV), mit der These: „Es mögen noch so viel Naturgründe sein, die mich zum Wollen antreiben, noch so viel Anreize, so können sie nicht das Sollen hervorbringen, sondern nur ein noch lange nicht notwendiges, sondern jederzeit bedingtes Wollen, dem dagegen das Sollen, das die Vernunft ausspricht, Maß und Ziel, ja Verbot und Ansehen entgegensetzt.“ => Und daher, ist das Sollen ist nicht empirisch.
    2. Das Kernvermögen, der praktischen Vernunft (V3, KpV), nennt er uns bereits in der Vorrede: „Denn wenn sie als reine Vernunft wirklich praktisch ist, so beweiset sie ihre und ihrer Begriffe Realität durch die Tat, und alles Vernünfteln wider die Möglichkeit, es zu sein, ist vergeblich.“ => Wenn Vernunft wirklich praktisch ist, dann beweist sie ihre Realität durch die Tat, und alle Kritik an ihr ist vergeblich.
    3.a) Da Immanuel Kant ausschließlich metaphysisch argumentiert, und dabei mittels Vernunft, uns die Kausalität aufzeigt, die über eine Art von Notwendigkeit und Verknüpfung mit Gründen, seine Imperative begründet (zwingend notwendig macht), unterliegt er bei seinem Sollen (bei diesen Imperativen, welche wir in allem Praktischen den ausübenden Kräften als Regeln aufgeben) eindeutig nicht dem naturalistischen Fehlschluss.
    3.b) Ob er dabei womöglich einem metaphysischen Fehlschluss unterliegt, das behandelt G. E. Moore leider erst im Kapitel 4., insofern, kann ich derzeit noch nicht endgültig sagen dass er überhaupt keinen Sein-Sollens-Fehlschluss begeht (oder begangen hat), aber wenn er, wider Erwarten doch einen Sein-Sollens-Fehlschluss begehen sollte, dann wäre dieser auf jeden Fall nicht naturalistisch.

    • Die meisten Punkte sind korrekt. Wir werden in der kommenden Sitzung aber noch darüber diskutieren, inwiefern Kant ein Metaphysiker ist. Sicherlich steht er der Metaphysik als Vernunftoptimist näher als dem Empirismus. Allerdings ist Kant nicht nur ein Vernunftoptimist, sondern auch ein Vernunftkritiker (deswegen die drei „Kritiken“). Kant hat sich selbst als Transzendentalphilosoph bezeichnet, der die Metaphysik auf ein sicheres, erkenntnistheoretisch gerechtfertigtes Fundament stellen wollte.

  • Danke für die Tipps, Herr Dr. Noller!
    Ich versuche mich derzeit ganz langsam, in diese komplexe Thematik hineinzuarbeiten, und insofern kommt es bei mir noch jeden Tag zu völlig neuen Ansichten, oder spekulativen Annahmen. Immanuel Kant sieht sich selbst wohl zuvorderst als einen Rationalisten an, und G. E. Moore spricht auch, bei den metaphysischen Ethiken von einem Naturalistischen Fehlschluss und er stellt dabei, auf Immanuel Kant sogar explizit ab (ebenso wie auf Spinoza, und die Stoiker).
    Dass Kant sich selbst, wohl zuerst als einen Rationalisten ansieht, das schließe ich aus einem Brief der bei Dietze/Dietze (1989), aber auch bei Buhr/Dietzsch (1984) dokumentiert ist, darin schreibt Kant:
    „Hrn Rehberg´s Abhandlung ist mir nur gestern zu Handen gekommen, bei deren Durchlesung ich fand, dass für den unendlichen Abstand des Razionalismus vom Empirism der Rechtsbegriffe, die Beantwortung seiner Einwürfe zu weitläufig (…) sein würde; (…)“
    Ihm scheint es, zu vorderst darum zu gehen, den unendlichen Abstand zwischen Rationalismus und Empirismus, aufzuzeigen und für sich in Anspruch zu nehmen.
    Bei Punkt 3.b) muss ich mich selbst korrigieren, denn ich habe mittlerweile eine Principia Ethica zu fassen gekriegt, und musste dabei, zu meiner Überraschung feststellen, dass G. E. Moore auch bei seiner Kritik an den methaphysischen Ethiken von einem naturalistischen Fehlschluss spricht, er schreibt dazu:
    “And Kant also commits the fallacy of supposing that ‚This ought to be‘ means ‚This is commanded‘. He conceives the Moral Law to be an Imperative. And this is a very common mistake.”
    – G. E. Moore: Principia ethica, Chapter IV: Metaphysical Ethics

  • Vorläufiger Versuch einer Einordnung der „Kritik der praktischen Vernunft“ ausgerichtet am bisher Gelernten (vornehmlich Tugendethik), unter zu Hilfenahme moderater Variation, der oben angebotenen drei Leitfragen.
    Zur Leitfrage 2: „Was vermag die praktische Vernunft in der KpV?“
    Variationsvorschläge: „Was soll die praktische Vernunft in der KpV leisten?; Welchen Zweck verfolgt Kant mit der KpV?; Welches Ziel will er dabei erreichen?“
    Antwort 2a) Er will durch die Idee der Freiheit, unter Verwendung des Mechanismus der Naturnotwendigkeit, vom Bedingten ins Unbedingte zurückgehen, um auch den Handlungen vernünftiger Wesen, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und will durch ein bestimmtes Gesetz (das moralische Gesetz), der Kausalität etwas Unbedingtes geben.
    Textstellenachweis (5:83-5): „Die Bestimmung der Kausalität der Wesen in der Sinnenwelt, als einer solchen, konnte niemals unbedingt sein, und dennoch muss es zu aller Reihe der Bedingungen notwendig etwas Unbedingtes, mithin auch eine sich gänzlich von selbst bestimmende Kausalität geben. Daher war die Idee der Freiheit, als eines Vermögens absoluter Spoaneität, nicht ein Bedürfnis, sondern, was deren Möglichkeit betrifft, ein analytischer Grundsatz der reinen spekulativen Vernunft. (…), und so den Begriff der Freiheit zum regulativen Prinzip der Vernunft zu machen, wodurch ich zwar den Gegenstand, dem dergleichen Kausalität beigelegt wird, gar nicht erkenne, was er sei, aber doch das Hindernis wegnehme, in dem ich einerseits in der Erklärung der Weltbegebenheit, mithin auch der Handlungen vernünftiger Wesen, dem Mechanismus der Naturnotwendigkeit, vom Bedingten zur Bedingung ins Unendliche zurückzugehen, Gerechtigkeit widerfahren lasse, andererseits aber der spekulativen Vernunft den für sie leeren Platz offen erhalte, nämlich das Intelligible, um das Unbedingte dahin zu versetzen. Ich konnte aber diesen Gedanken nicht realisieren, d. i. ihn nicht in Erkenntnis eines so handelnden Wesens, auch nur bloß seiner Möglichkeit nach, verwandeln. Diesen leeren Platz füllt nun reine praktische Vernunft, durch ein bestimmtes Gesetz der Kausalität in einer intelligiblen Welt (durch Freiheit), nämlich das moralische Gesetz aus.“
    Wie lautet dabei sein konkretes Ziel?
    Antwort 2b) Seine konkrete Absicht ist es, den an sich problematischen Begriff der Freiheit zu objektivieren, und ihm so, obgleich nur praktische, dennoch unbezweifelte Realität zu verschaffen.
    Textstellennachweis (5:85) „(…) in Ansehung der Sicherung ihres problematischen Begriffs der Freiheit, welchem hier objektive und obgleich nur praktische, dennoch unbezweifelte Realität verschafft wird.“
    Wie stellt er sich das operational (angewendet) vor?
    Antwort 2c) Durch die eigenverantwortliche Anwendung (die du vorhast) seiner Regel der Urteilskraft unter den Gesetzen der reinen praktischen Vernunft, soll der an sich problematische Begriff der Freiheit objektiviert werden, und zur Kantischen `Idee der Freiheit´ (zur objektiven Freiheit, die obgleich nur praktische, dennoch unbezweifelte Realität ist) konvertieren.
    Textstellennachweis (5:122-3) „Die Regel der Urteilskraft unter Gesetzen der reinen praktischen Vernunft ist diese: Frage dich selbst, ob die Handlung, die du vorhast, wenn sie nach einem Gesetze der Natur, von der du selbst ein Teil wärest, geschehen sollte, sie du wohl, als durch deinen Willen möglich, ansehen könntest? Nach dieser Regel beurteilt in der Tat jedermann Handlungen, ob sie sittlich-gut oder böse sind.“
    Zur Leitfrage 3: „Wie verhält sich Kants Moralphilosophie zu derjenigen Humes?“
    Variationsvorschlag: „Wie verhält sich der kategorische Imperativ von I. Kant, zu den Tugendethiken aus der Vergangenheit (von Aristoteles, und den Stoikern beginnend, bis hin zu David Hume)?“ „Wie verhält sich also Deontologie (Vorrang des Rechten, vor dem Guten) zur Teleologie (das Streben nach Glückseligkeit)?“
    Antwort 3: Für ihn ist es ein Widerspiel gegenüber dem Prinzip der Sittlichkeit, wenn (zuvorderst) die eigene Glückseligkeit zum Bestimmungsgrund des Willens erhoben wird, und zum (handlungsleitenden) Gesetze dienen soll, und verlangt daher, an Stelle dessen (O-Ton: worin anders setzt), die gesetzgebende Form der Maxime zum Bestimmungsgrund des Willens zu erheben. Er zieht also, die heilige Pflicht der eigenen Glückseligkeit vor, macht die Klugheit zum Eigennutz (O-Ton: reine Selbstliebe) verächtlich, und diskreditiert sie, als der wahren Menschenpflicht zuwiderlaufend.
    Texstellennachweis: §8 zum Lehrsatz IV, Anmerkung II (5:61-3); „Das gerade Widerspiel des Prinzips der Sittlichkeit ist: wenn das der eigenen Glückseligkeit zum Bestimmungsgrunde des Willens gemacht wird, wozu, wie ich oben gezeigt habe, alles überhaupt gezählt werden muss, was den Bestimmungsgrund, der zum Gesetze dienen soll, irgend worin anders, als in der gesetzgebenden Form der Maxime setzt. Dieser Widerstreit ist aber nicht bloß logisch, wie der zwischen empirisch-bedingten Regeln, die man doch zu notwendigen Erkenntnisprinzipien erheben wollte, sondern praktisch, und würde, wäre nicht die Stimme der Vernunft in Beziehung auf dem Willen so deutlich, so unüberschreibar, selbst für den gemeinsten Menschen so vornehmlich, die Sittlichkeit gänzlich zugrunde richten; so aber kann sie sich nur in den kopfwirrenden Spekulationen der Schulen erhalten, die dreist genung sind, sich gegen jene himmliche Stimme taub zu machen, um eine Theorie, die kein Kopfzerbrechen kostet, aufrecht zu erhalten.
    Wenn ein dir sonst beliebter Umgangsfreund sich bei dir wegen eines falsch abgelegten Zeugnisses dadurch zu rechtfertigen vermeinte, dass er zuerst die, seinem Vorgeben nach, heilige Pflicht der eigenen Glückseligkeit vorschütze, alsdenn die Vorteile herzählte, die er sich alle dadurch erworben, die Klugheit nahmhaft machte, die er beobachtet, um wider alle Entdeckungen sicher zu sein, selbst wider die von seiten deiner selbst, dem er das Geheimnis darum allein offenbaret, damit er es zu aller Zeit ableugnen könne; dann aber im ganzen Ernst vorgäbe, er habe eine wahre Menschenpflicht ausgeübt: so würdest du ihm entweder gerade ins Gesicht lachen, oder mit Abscheu davon zurückbeben, ob du gleich, wenn jemand bloß auf eigene Vorteile seine Grundsätze gesteuert hat, wider die Massregel nicht das mindeste einzuwenden hättest. (…) – So deutlich und scharf sind die Grenzen der Sittlichkeit und der Selbstliebe abgeschnitten, dass selbst das gemeinste Auge den Unterschied, ob etwas zu der einen oder der anderen gehöre, gar nicht verfehlen kann.“
    Verdichtetes (zugespitztes) Resümee:
    a) Pflichtethik (die objektive Freiheit, für jedermann, dem moralischen Gesetz zu folgen) ist spassbefreit.
    b) Eigene Glückseligkeit ist reine Selbstliebe, und läuft daher der Sittlichkeit zuwider.
    c) An Hume kritisiert er damit, sowohl die `Nützlichkeitsforderung´ (als utilitarisches Prinzip der Selbstliebe), als auch die `unmittelbar Angenehmseinsforderung´ (als hedonistisches Prinzip der Selbstliebe).
    d) Die humesche Einordnung seines Rahmens der selbstverpflichtenden Sittlichkeit (durch wechselseitiges Versprechen), mit dem Ideal des Individuums, als ein sozial eingebundenes, friedfertiges und verträgliches (Gemeinschafts-)Wesen, hat Immanuel Kant, zum einen nicht richtig verstanden und zum anderen, wären ohnhin, die Meinungen der anderen für ihn gänzlich ohne Belang.
    e) Auf einen Punkt: Sittlichkeit darf auf gar keinen Fall Spass machen (unmittelbar angenehm sein).

    Zum Abschluss `Schmuckzitate´ von Friedrich Schiller (entn.: Ueber Anmut und Würde):
    1. Zu den Gewissenskrupeln aufgrund der Pflichtethik:
    „Gerne dien ich den Freunden, doch tu ich es leider mit Neigung,
    Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.“

    2. Zur richtigen Entscheidung aus Achtung vor dem Gesetz:
    „Da ist kein anderer Rat! Du mußt suchen, sie zu verachten,
    Und mit Abscheu alsdann tun, wie die Pflicht dir gebeut.“

    3. Zu den zwei Dingen, die beim Nachdenken, das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht erfüllen, also zum einen, der bestirnte Himmel über mir, und zum anderen das moralische dem Gesetz in mir (5:288):
    „Wo jetzt nur, wie unsre Weisen sagen,
    Seelenlos ein Feuerball sich dreht,
    Lenkte damals seinen goldnen Wagen
    Helios in stiller Majestät.“

  • Ich habe in Ihren Folien gesehen, dass Sie den, bei Kant hinterfragten `Sein-Sollens-Fehlschluss´ immer noch an David Hume spiegeln!? => Das gefällt mir, aus den nun folgenden Gründen nicht:
    1. Meine Auffassung: David Hume hat keinen Sein-Sollens-Fehlschluss begangen, insofern kann auch die Kant-Frage diesbezüglich, nicht nach Hume lauten, denn Kant wäre von diesen Beiden der erste der einen Sein-Sollens-Fehlschluss begangen hätte (wohlgemerkt, was ich hiermit nicht behaupten möchte, sondern ich möchte nur herausstreichen, dass man David Hume viel mehr und v. a., viel häufiger unrecht tut, als das bei irgendeinem anderen Aufklärer der Fall ist).
    Begründungen/Referenzen zu meiner These unter 1:
    1.a) G. E. Moore stellt im Kapitel II. „Naturalistische Ethik“ nicht auf David Hume ab, sondern, allein nur, auf Herbert Spencer 1820/1903 (Kapitel I, Seite 85, Fußnote 14. zu § 29) der nach der Einordnung von Moore, bisher, als ein Hedonist (Lustmaximierung/Schmerzvermeidung) bezeichnet wurde und von dem er aussagt, dass er als naturalistischer Hedonist zu gelten hätte (Kap. I, 1. Absatz, Seite 95 o., zu § 33).
    1.b) Aber der Name David Hume, wird von ihm im Kap. II nicht genannt, und David Hume kann m. E. auch nicht verdeckt, oder `implizit´ gemeint gewesen sein, denn, das von Moore selbst, entfaltete Kriterium lautet folgendermaßen:
    „Lust ist das einzige Gut; und bei weitem das Beste Kriterium dafür, wie wir am meisten davon bekommen, ist die Beachtung der Richtung der Evolution. Falls er nachweisen könnte, dass das Ausmaß der Lust stets in einem direkten Verhältnis zum Ausmaß der Evolution steht, und außerdem, dass es klar erkennbar ist, welches Verhalten mehr entwickelt ist, dann wäre diese Theorie ein sehr wertvoller Beitrag zur Wissenschaft der Soziologie (Kap. II, 2. Absatz, Seite 95 m., zu § 33).“
    Ergebnis zu 1.b) Eine naturalistische Ethik vertritt also, wer Lust zum einzigen Gut macht (trifft für Hume nicht zu), oder wer anstrebt, die Lustmaximierung an der Richtung der Evolution auszurichten (das trifft für Hume noch viel weniger zu).
    1.c) Ebenfalls, ein manifester Hinweis, auf eine naturalistische Ethik ist die folgende Erläuterung/Definition von Moore: „Es gibt demnach keinen Grund, zu behaupten, ein und dasselbe Ding sei unter bestimmten Umständen an sich gut und unter anderen nicht; andererseits haben wir Grund zu sagen, manchmal zeitige ein Mittel gute Folgen und manchmal nicht.“ (Kapitel I., Seite 64 u. & Seite 65 o., zu § 19)
    Ergebnis zu 1.c) Bei David Hume ist kein einziges Ding unter bestimmten Umständen an sich gut (das wäre naturalistisch gewesen, und hätte somit nicht begründet werden können, das trifft aber, auf David Hume gar nicht zu), andererseits, nennt uns Hume die Mittel (Gerechtigkeit, Nützlichkeit, Annehmlichkeit für sich und andere, Wohlwollen, oder calm Passions) die gute Folgen zeitigen können, das kann man aber nach Moore sehr wohl begründen (zweiter Halbsatz). => Es bedeutet also, dass David Hume, mit seiner Benennung von Mitteln die im sozialen Kontakt gute Folgen zeitigen könnten, nicht naturalistisch schließt, sondern, artifiziell, und tlw. auch konstituiert.
    Meine Gesamtsicht zu G. E. Moore:
    Ich bestätige hier weder, dass seine Vorwürfe gegen Spencer, noch seine Thesen zu Sidgwick, noch seine Verdächtigungen gegen Kant (Kap. IV, metaphysische Ethiken) wahr sind, und ich bestätige auch nicht, dass die auf ihn zurückgehende These, vom naturalistischen Schluss, der ein Fehlschluss sein soll (gelb ist gelb, also muss `Gut´ auch gut sein, und ist somit undefinierbar), richtig sei, oder gar irgendwie geartet sinnvoll, sondern, ich zeige nur auf, dass David Hume (anders als I. Kant) von G. E. Moore gar nicht persönlich mit Namen angesprochen wurde, und dass David Hume angelehnt, an den von Moore explizierten Kriterien auch nicht implizit gemeint gewesen sein kann, sondern, dass er durch die Kriterien Moores sogar entlastet wird, und dass er aufgrund der von ihm benannten Mittel, die im sozialen Kontakt gute Folgen zeitigen könnten, noch keinen naturalistischen Schluss zieht (sondern einen artifiziellen) und daher, nicht den namensgleichen Fehlschluss begangen haben kann.
    2. Meine Sicht auf David Hume, wird 1 zu 1 bestätigt durch Philippa Foot die mich, in Ihrem Reader darauf hinweist, dass David Hume selbst gar kein Non-kognitivist gewesen ist, sondern, dass er nur in den letzten 70 Jahren vor Ihrer eigenen Forschung, von den sog. Non-kognitivisten unlauter (als Scheinrechtfertigung), namentlich missbraucht wurde (der Bekannteste, davon ist wohl R. M. Hare, `Freedom and Reason´) und zwar nur, für deren eigene Interessen, die natürlich von den Ansichten David Humes meilenweit abweichen. Philippa Foot schreibt dazu auf Seite 42 o.: „Meine Schlussfolgerung ist daher, dass die Anerkennung von `Humes Forderung nach Praxisbezug´ den Nonkognitismus in der Ethik weder unmittelbar (durch Bedingungen aufrichtiger moralischer Äußerungen) noch mittelbar (durch den Gedanken, dass moralisches Urteilen Handeln erklären kann) stützt.“
    Ergebnis zu 2: Humes Forderung nach Praxisbezug, unterstützt weder, unmittelbar den Nonkognitivismus in der Ethik, noch mittelbar. => Kein Hinweis => Kein Grund => Kein Verdacht => In dubio pro reo.
    3. Zuverlässige Ansichten zu David Hume bekommen wir von Annette C. Baier, die zusammen, mit Donald C. Ainslie für `Cambridge Companions Online´, die Jubiläumsausgabe zum Werk verantwortet hat, das in unserem Seminar `explizit´ behandelt wurde, und unter dem Titel: „The Cambridge Companion to Hume´s Treatise“ veröffentlicht wurde.
    4. Zuverlässige Ansichten zu David Hume bekommen wir auch, von Davis Fate Norton, und Jaqueline Taylor die beide zusammen für `Cambridge Companions Online´, die Jubiläumsausgabe zur Person David Hume (als Autor) verantwortet haben, und unter dem Titel: „The Cambridge Companion to Hume (second Edition)“ veröffentlicht wurde.
    Ich habe alle angesprochenen Dokumte als E-Datei verfügbar, und des Weiteren einen von Annette C. Baier veröffentlichten Aufsatz, aus dem Jahr 1993, der sich `explizit´ mit einem Qualitätsvergleich dieser beiden Ethiken befasst, Titel: „Moralism and Cruelty: Reflections on Hume and Kant*“, und der von `The University of Chicago´ herausgegeben wurde, und von dem ich hier den Abstract vorstelle:
    >>“Moralism and Cruelty: Reflections on Hume and Kant*“< Und die nach angelsächsischer Lesart, auf direktem Weg, zu Hegels Dialektik führt.
    3. Humeaner zollen der Kantischen Ethik durchaus Respekt (anders als umgekehrt), allerdings, wirkt für sie dennoch, die Kantische Forderung dass Masturbation und Selbstmord viel schlimmer (und unmoralischer) seien, als eine etwaig, ausgeübte unsittliche Grausamkeit, gegenüber einem anderen Gesellschaftsmitglied sehr befremdlich.
    Gesamtfazit: Für eingefleischte Humeaner, muss also das Foltern anderer viel unsittlicher sein, als etwaige, und in der Regel, eigenhändig vollzogene Masturbationen!

    • Vielen Dank für die kritischen Kommentare. Wie gesagt ist die Frage nach dem Verhältnis von Sein und Sollen bei Hume in der Forschung äußerst kontrovers. Wir beschränken uns der Radikalität wegen nur auf seinen Treatise, während die Enquiries dieses Verhältnis nicht mehr in seiner Radikalität betrachtet (auch spielt darin der Begriff der Vernunft nicht mehr eine so zentrale Rolle). Es geht also ganz formal um das logische Verhältnis von Sein und Sollen. Hume problematisiert es jedenfalls. Was daraus alles folgen kann und nicht, müssen wir diskutieren.

      Einen sehr hilfreichen Artikel findet man dazu auf der kostenlosen „Stanford Encyclopedia of Philosophie“, die eine Referenz im Internet darstellt:
      Cohon, Rachel: „Hume’s Moral Philosophy„, in: The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2010 Edition), Edward N. Zalta (ed.). Siehe auch darin speziell den Abschnitt zu Humes Sein-Sollens-Diskussion.

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